Der Lockruf des Tumors

(idw)- Tumoren sind nicht eigenständig lebensfähig, sondern schmarotzen in ihrem Wirt, dem erkrankten Menschen. Aber wie alle Zellen benötigen auch die Tumorzellen für ihr Überleben und ihre Vermehrung Sauerstoff. Eine besonders raffinierte Strategie, wie Tumoren sich – zu Lasten ihres Wirtes – diesen Sauerstoff verschaffen können, haben Wissenschaftler des Zentrums für Humangenetik der Universität Bremen jetzt entdeckt.

Quelle: Uni Bremen, Bullerdiek Der Tumor wird von der Blutkapillare mit Sauerstoff versorgt. Wo dies nicht der Fall ist, kommt es zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff. Als Folge davon sterben Zellen ab ("Nekrose", im Schema im unteren Teil des Tumors). Dabei zerfallen die Zellen und ihre Zellkerne. HMGB1 wird freigesetzt und dient nun als Botenstoff, der eine Aussprossung einer Kapillare in Richtung auf den mit Sauerstoff unterversorgten Teil des Tumors induziert.
Quelle: Uni Bremen, Bullerdiek
Der Tumor wird von der Blutkapillare mit Sauerstoff versorgt. Wo dies nicht der Fall ist, kommt es zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff. Als Folge davon sterben Zellen ab („Nekrose“, im Schema im unteren Teil des Tumors). Dabei zerfallen die Zellen und ihre Zellkerne. HMGB1 wird freigesetzt und dient nun als Botenstoff, der eine Aussprossung einer Kapillare in Richtung auf den mit Sauerstoff unterversorgten Teil des Tumors induziert.

Normalerweise würde die Größe von Tumoren auf einen Durchmesser von 1-2 mm beschränkt bleiben, weil nur bis zu dieser Grenze die Sauerstoffversorgung des wachsenden Tumors aus der Umgebung sichergestellt ist. Offensichtlich haben Tumoren aber Strategien entwickelt, um auch darüber hinaus ihre Sauerstoffversorgung und damit auch ihr Wachstum sicherzustellen – sie „locken“ aus ihrer Umgebung Gefäße an, über die dann Sauerstoff zum Tumor transportiert wird. Das Team des Bremer Humangenetikers Jörn Bullerdiek ist jetzt einem besonders raffinierten Mechanismus auf die Spur gekommen, den Tumorzellen nutzen, um das Wachstum von Gefäßen anzuregen: In der neuesten Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift American Journal of Pathology berichten die Wissenschaftler über einen Lockstoff mit dem komplizierten Namen „High Mobility Group Protein B1“, kurz HMGB1.

Bricht die Sauerstoffversorgung des Tumors zusammen, kann es zu so genannten Nekrosen kommen, einem Absterben von Zellen. Das eigentlich im Zellkern lokalisierte HMGB1 wird nun freigesetzt und bewirkt in der Umgebung ein Auswachsen von Blutgefäßen. Damit dienen selbst die toten Zellen noch dem weiteren Überleben und Wachstum des Tumors. Als neu aufgedeckter Lockstoff der Gefäßentwicklung stellt HMGB1 auch ein interessantes Ziel für die Therapie von Tumoren dar. Das Abfangen der Signale könnte den Tumoren eine für ihr Überleben wichtige Möglichkeit nehmen.

Weitere Informationen:

Zentrum für Humangenetik
Universität Bremen
Prof. Dr. rer. nat. Jörn Bullerdiek
Tel.: 0421 218-2589
Fax: 0421-218 2391
E-Mail: bullerd@uni-bremen.de