Molekulargenetischer Schalter: Wissenschaftler deaktivierengezielt Virus-DNA in menschlichen Genen

Forscher nutzen DNA und erzeugen künstliche Fusionsproteine

Quelle: iu-bremen Genschalter nach Baukastenprinzip: Die künstlich aus einem katalytisch wirksamen Mausprotein (grün) und einem artifiziellen DNA-Bindungsprotein (blau) fusionierte Methyltransferase erkennt hochspezifisch Kontrollbereiche von DNA-Molekülen (rot) und unterdrückt die Aktivierung von Genen in diesem Bereich.
Quelle: iu-bremen
Genschalter nach Baukastenprinzip: Die künstlich aus einem katalytisch wirksamen Mausprotein (grün) und einem artifiziellen DNA-Bindungsprotein (blau) fusionierte Methyltransferase erkennt hochspezifisch Kontrollbereiche von DNA-Molekülen (rot) und unterdrückt die Aktivierung von Genen in diesem Bereich.

(pte/ehj.vt)  Bremen – Einem Forscherteam der International University Bremen (IUB) http://www.iu-bremen.de ist es in Kooperation mit Wissenschaftlern der Universität Giessen http://www.uni-giessen.de/biochem und des Medical Research Council der Cambridge University http://www2.mrc-lmb.cam.ac.uk unter der Leitung von Albert Jeltsch (IUB) erstmals gelungen, gezielt Erbgut von Herpesviren in menschlichen Zelllinien abzuschalten. „Obwohl derzeit noch als Konzeptstudie, bleibt unser zu erreichendes Ziel, Gene von außen so abzuschalten, dass bislang unheilbare Krankheiten erfolgreich therapiert werden könnten“, erklärt Jeltsch.

Im Detail handelt es sich um durch genetisches Design künstlich erzeugte Proteine, die so genannten Methylgruppen, die sich als Markermoleküle an Kontrollbereiche des DNA-Moleküls anheften und so verhindern, dass die Erbinformation dieses Abschnitts aktiviert wird. Den Forschern gelang es, aus katalytisch wirksamen Proteinbestandteilen DNA-Methyltransferasen und verschiedenen, die DNA zielgerichtet bildenden Proteinen künstliche Fusionsproteine zu erzeugen.

„Der Trick der Fusionsproteine ist, dass diese auf genetischer Ebene fusioniert werden und hochspezifisch Ziel-DNA-Bereiche erkennen können, sich dort anlagern und durch eine DNA-Methylierung deren Aktivierung unterdrücken“, erklärt Jeltsch. Da diese, nach dem Baukastensystem auf unterschiedliche DNA-Zielregionen programmierbaren Methyltransferasen erfolgreich eingesetzt werden konnten, wurde mit Hilfe eines modifizierten Methyltransferasetyps eine Infektion mit dem Herpes-Virus HSV-1 in einer Kultur menschlicher Zellen unterdrückt.

Um darauf aufbauend eine Vermehrung des Virus auszuschalten – das im menschlichen Körper eine Erkrankung hervorrufen würde – erfüllten die Biochemiker eine wichtige Bedingung: Die künstlichen Methyltransferasen mussten in der Lage sein, nicht nur die Aktivierungsregion des viralen Gens zu erkennen, sondern auch effizient zu methylieren und folglich auszuschalten.

Der Experte zeigt sich mit diesen Ergebnissen zuversichtlich, da „die meisten krankhaften Veränderungen im Körper durch eine Hemmung einzelner kritischer Krankheitsgene bekämpft werden könnten“. Als Vision sieht er im Anwendungsbereich vor allem zukünftig alternative Behandlungstherapien von Krebs und/oder anderer degenerativer Krankheiten wie Alzheimer.

Hauptziel bleibe hierbei, ohne große Nebenwirkungen die gezielte Produktion der Proteine so abzuschalten, um die Zellen durch Gen-Schaltung in einen besseren Zustand zu bringen. „Zentrale Fragen für die zukünftige Forschung werden somit sein, zum einen möglichst viele Zellen im Körper für eine solche Behandlung zu erreichen, aber auch die Wirkung der künstlichen Fusionsproteine auf die Gewebstypen zu beschränken, in denen das Ziel-Gen tatsächlich abgeschaltet werden soll“, unterstreicht Jeltsch.