Medizin: Klinische Erprobung des ersten komplett in Regensburg entwickelten Impfstoffs gegen HIV/AIDS

Der innovative Impfstoff wurde unter Federführung des Instituts für Medizinische Mikrobiologie der Universität Regensburg in dem „Europäischen Forschungsverbund Impfstoffentwicklung gegen HIV/AIDS“ entwickelt. Bereits 2003/2004 wurde eine andere Komponente des Impfstoffs mit den gleichen Komponenten von HIV auf der Basis einer Vacciniavariante (NYVAC, sanofi-pasteur) entwickelt und im gleichen Verbund mit Erfolg klinisch geprüft.

Mit fast 5 Millionen neu Infizierten und 3 Millionen Toten pro Jahr als Folge von AIDS ist diese Erkrankung eine der größten Bedrohungen unserer Zeit für die Menschheit. Sie ist dies aber nicht nur für Leib und Leben, sondern sie ist auch wesentlicher Faktor für den dramatischen Rückgang des Volkseinkommens von beispielsweise ca. 7 % in Subsahara-Afrika mit all seinen schwerwiegenden Folgen.

Entwicklung der Forschung

Die Entwicklung eines wirksamen und sicheren Impfstoffs ist daher eine der größten Herausforderungen an die Biowissenschaften. Seit 1996 fördert die EU zunächst eine kleine Forschergruppe mit Partnern aus Regensburg, den Niederlanden und China (CHIVAC), und seit 2000 erstmals einen großen Verbund von 21 Arbeitsgruppen aus Europa und China mit dem Ziel, durch sich ergänzende Expertise diese Entwicklung zu beschleunigen. „Diese Öffnung ist der einzige Weg rasch einen sinnvollen Vergleich unterschiedlicher Vakzine Varianten zu ermöglichen und die besten auszuwählen. Diese früh gewählte Strategie unterscheidet EuroVac von vielen anderen Initiativen auf dem gleichen Gebiet“, sagt Prof. Dr. Hans Wolf von der Universität Regensburg.
Aufbauend auf dem Verbreitungsmuster unterschiedlicher HIV-Varianten wurde die jüngste größere epidemiologische Ausbreitung in einem sehr großen Land – das ist China seit 1987 – ausgewählt, um klinisch relevante Virusisolate zu identifizieren und daraus Kandidaten zu entwickeln. Hierbei wurden unter der Leitung von Prof. Dr. Hans Wolf und Prof. Dr. Ralf Wagner von der Universität Regensburg einige neue Wege beschritten:

Schaffung der Grundlagen

Gemeinsam mit Prof. Dr. Yiming Shao vom Chinese Center for Disease Control and Prevention (CDC) erfolgte die gezielte Auswahl relevanter Viren als Ausgangsmaterial, die Berücksichtigung großer Teile der Bausteine dieser Viren bei der Zusammensetzung des Impfstoffs, um dem Immunsystem möglichst vielfältige Angriffsstellen zu bieten und ein „Entkommen“ aus der Immunantwort nach Möglichkeit zu unterbinden. Schließlich mussten auch gute Trägersysteme gefunden werden, die es erlauben, die wesentlichen Bausteine des Erregers in großen Mengen im Labor – oder direkt im Körper von der als Bauplan dienenden Erbinformation DNS – abzulesen und dem Immunsystem zu präsentieren. Dabei war absolute Sicherheit eine wesentliche Voraussetzung. So musste beispielsweise dafür gesorgt werden, dass zwar wesentliche Teile der Virusproteine produziert wurden, sie durften aber keine schädigenden Eigenschaften mehr haben, wie dies beispielsweise bestimmte virale Enzyme hätten.
Als Lösung dieser Aufgabe wurden in Regensburg synthetisch hergestellte Gene einschließlich der dazu notwendigen Technologie entwickelt. Diese „künstlichen“ Gene sind unter anderem so verändert, dass die daraus abgeleiteten Eiweißstoffe zwar noch vom Immunsystem gut erkannt werden, aber keinerlei virusspezifische Funktionen mehr erfüllen können. Gleichzeitig ist es gelungen, diesen genetischen Code so zu verändern, dass davon viel mehr Eiweiß produziert werden kann.

Eine Europäische Perspektive

In dem großen europäischen Netzwerk „Europäischer Forschungsverbund Impfstoffentwicklung gegen HIV/AIDS“ wurden mit mehreren Gruppen diese neuen Gene in harmlose Trägerviren oder in Träger-DNS eingebaut und daraus Impfstoff-Komponenten hergestellt. Der Vakzinekandidat NYVAC-C (sanofi-pasteur) wurde unter Verwendung eines harmlosen Vakzinia-Viruses (NYVAC) und der für den Impfstoff relevanten von HIV-C abgeleiteten Gensegmente hergestellt und bereits 2003-2004 von Prof. Jonathan Weber am Imperial College in London und von Prof. Giuseppe Pantaleo am CHUV in Lausanne auch an Menschen erprobt worden und ergab eine gute zellgebundene Immunantwort.
Bei der DNA-HIV-C-Vakzine ist ein Gensegment in eine Träger-DNS eingefügt, das exakt die gleichen Eiweiße des HIV repräsentiert, die in dem Impfstoff mit der harmlosen Pockenvirusvariante NYVAC enthalten sind. Diese Impfstoffkomponente wird nun ebenfalls in Lausanne und London an Menschen erprobt. Die obligaten Vorversuche an Affen haben gezeigt, dass bei Verwendung eines analogen DNS-Impfstoffs, der von einem rekombinanten Affen/Mensch-Immundefizienzvirus (SHIV89.6) auf der Basis von HIV-B abgeleitet wurde, schützende Mechanismen induziert wurden. Ergebnisse mit Tieren sind zwar wichtig, erzielen jedoch nicht in allen Fällen ein exakt gleiches Ergebnis wie im Menschen. Die Ergebnisse der klinischen Prüfung an Menschen werden die einzige endgültige Antwort geben.
Sollte dieses Ergebnis in Menschen reproduziert werden können, wäre ein wichtiger Schritt für die Erprobung der Impfstoffe an Personen mit großem Risikoverhalten für eine HIV-Infektion getan. Weitere Schritte werden die Erprobung des Impfstoffs in China und die Entwicklung weiterer Komponenten sein mit dem Ziel, einen lang anhaltenden Impfschutz zu erzeugen.
Der „Europäische Forschungsverbund Impfstoffentwicklung gegen HIV/AIDS“, zu deren Gründern das Regensburger Team gehört, hat bisher nicht nur herausragende Ergebnisse bei vergleichbaren Experimenten in Rhesusaffen erzielt, sondern hat es geschafft, auch unabhängig Konzepte zu entwickeln sowie alle regulatorischen Hürden zu nehmen, bis zur Prüfung an Menschen.

Für weitere Informationen:
Prof. Dr. Hans Wolf
Tel.: ++49 941 944 6400
Mobile: ++49 171 2422075
E-mail : hans.wolf@klinik.uni-r.de
Web : chivac.net