Medizin: Schärfere Gensonden – Den genetischen Ursachen des metabolischen Syndroms auf der Spur

Bei rund 20 Millionen Menschen in der Bundesrepublik, etwa einem Viertel der Bevölkerung, tickt eine Zeitbombe. Sie haben das, was Ärzte seit einigen Jahren als Stoffwechsel- bzw. metabolisches Syndrom bezeichnen. In den USA sind schätzungsweise 47 Millionen Menschen davon betroffen. Die Patienten haben eine Reihe verschiedener Erkrankungen, die sich gegenseitig hochschaukeln. Dazu zählen vor allem starkes Übergewicht (Adipositas), Bluthochdruck, Typ-2 Diabetes

und Fettstoffwechselstörungen. Dieses „tödliche Quartett“ erhöht die Gefahr für Arterienverkalkungen und damit für Herzinfarkt und Schlaganfall. Neben ungesunder Ernährung und mangelnder Bewegung werden auch genetische Risikofaktoren als Auslöser für dieses hochkomplexe Krankheitsbild diskutiert.

Mit einem neuartigen Ansatz, der bisher nur bei Erkrankungen eingesetzt worden ist, die auf ein einziges Gen zurückgehen, haben sich Prof. Norbert Hübner (Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin, MDC, Berlin-Buch) und Timothy J. Aitman (Imperial College, London, Großbritannien) sowie Forscher in Tschechien und den USA auf die Suche nach den Genen begeben, die möglicherweise die Entstehung des metabolischen Syndroms begünstigen. Sie kombinierten zwei verschiedene Analysetechniken, die DNA-Chip-Technik (Microarray) und die „Kopplungsanalyse“, um ihre Gensonden zu schärfen. Mit Hilfe der DNA-Chips erkennen sie, welche Gene abgelesen, exprimiert, werden, um Proteine zu produzieren. Die Kopplungsanalyse erlaubt es ihnen, bestimmte Merkmale, wie Bluthochdruck, in Beziehung zu bestimmten Genen zu setzen. Mit beiden Techniken untersuchten sie Fett- sowie Nierengewebe von Laborratten. Beide Gewebe spielen für die Entstehung des metabolischen Syndroms eine wichtige Rolle. An den Stellen, an denen sich die Analyseergebnisse überlappen, machten die Forscher 73 so genannte Kandidatengene für Bluthochdruck ausfindig. Sie sind davon überzeugt, dass sich aus diesen Daten neue Einblicke in die Regulationsmechanismen von Genen und Signalwegen und damit in die Entstehung von Stoffwechselstörungen und kardiovaskulären Erkrankungen gewinnen lassen. Als nächstes wollen die Forscher, deren Arbeit jetzt das renommierte Fachblatt Nature Genetics* (online doi: 10.1038/ng1522) veröffentlicht hat, auch in Gewebeproben von Patienten mit metabolischem Syndrom nach genetischen Risikofaktoren fahnden.

*Integrated transcriptional profiling and linkage analysis for disease gene identification
Norbert Hubner1, Caroline A Wallace2*, Heike Zimdahl1*, Enrico Petretto2*, Herbert Schulz1, Fiona Maciver2, Michael Mueller2, Oliver Hummel1, Jan Monti1, Vaclav Zidek3, Alena Musilova3, Vladimir Kren3,4, Helen Causton2, Laurence Game2, Gabriele Born1, Sabine Schmidt1, Anita Müller1, Stuart A Cook2, Theodore W Kurtz5, John Whittaker6, Michal Pravenec3,4 & Timothy J Aitman2

*These authors contributed equally to this work
Correspondence should be addressed to N.H. (nhuebner@mdc-berlin.de), M.P. (pravenec@biomed.cas.cz) or T.J.A. (t.aitman@csc.mrc.ac.uk)

1Max-Delbrück-Center for Molecular Medicine (MDC), Berlin-Buch 13125, Germany
2MRC Clinical Sciences Centre, Faculty of Medicine, Imperial College, London W12 0NN, UK
3Institute of Physiology, Czech Academy of Sciences and Centre for Applied Genomics, 142 20 Prague 4, Czech Republic
4Institute of Biology and Medical Genetics, Charles University, 120 00 Prague 2, Czech Republic
5University of California, San Francisco, California 94143-0134, USA
6Department of Epidemiology and Public Health, Imperial College, London W2 1PG, UK

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