Das genetische Material der DNA enthält Schutzmechanismen, um sich vor dem UV-Licht der Sonneneinstrahlung zu schützen. Dies ist von essentieller Bedeutung, da es ohne Fotostabilität – also ohne „programmierte“ Abwehr der UV-Einwirkung – zu einer raschen Zersetzung von DNA und RNA kommen würde.
(ag/ehj) – Im Rahmen eines vom FWF geförderten Projekts konnte eine ForscherInnengruppe um Hans Lischka, Quantenchemiker der Universität Wien, erstmals diese ultraschnellen Prozesse der Fotostabilität der Nukleobasen umfassend darstellen. Dazu erscheint eine Publikation in der aktuellen Ausgabe der renommierten Zeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America“ (PNAS).
Die Wirkung des Sonnenlichtes auf unsere Haut führt nicht nur zur erwünschten Bräunung, die das Urlaubsgefühl wohltuend verstärkt, sondern es werden dabei auch Prozesse in Gang gesetzt, die zu schwerwiegenden gesundheitlichen Schädigungen führen können. Ein Forschungsteam um Hans Lischka, Professor am Institut für Theoretische Chemie der Universität Wien, untersucht, welche Schutzmechanismen die Natur vorgesehen hat, um sich vor derartigen schädlichen Einwirkungen zu schützen. Die Strategie dabei ist einfach und doch hochkomplex: Wenn das UV-Licht die Elektronen in ein höheres Energieniveau bringt, kehren diese ultraschnell in den Ausgangszustand zurück. Dabei wird elektronische Energie in Wärme umgewandelt. Dieser Prozess läuft in einer unvorstellbar kurzen Zeitdimension ab, in bis zu einer Billiardstel Sekunde.
Computersimulationen zu den Eigenschaften der lichtaktiven DNA-Bestandteile
In der Arbeitsgruppe von Hans Lischka (Institut für Theoretische Chemie der Universität Wien) wurde gemeinsam mit Mario Barbatti (heute Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, Mülheim an der Ruhr) und in Zusammenarbeit mit KollegInnen der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag mit innovativen Computersimulationen ein anschauliches, dynamisches Bild der Fotostabilität der Nukleobasen gezeichnet. Damit haben sie zur Klärung dieses komplexen Netzwerks von ultraschnellen Prozessen beigetragen. Es konnte dargestellt werden, wie sich die DNA-Bestandteile – die Nukleotide, die in DNA und RNA für die Ausbildung von Basenpaaren verantwortlich sind – unter UV-Bestrahlung gegen Zersetzung schützen.
Neue Methode der Quantenchemie für fotophysikalische Untersuchungen
Die wesentliche Innovation dieser Arbeit liegt in der detailgetreuen Berechnung der Kopplung der Bewegungen der Elektronen mit jener der Atomkerne. Dies gelang dank der am Institut für Theoretische Chemie der Universität Wien entwickelten und weltweit einzigartigen Methoden der Quantenchemie. Die berechneten Bewegungszustände der Nukleobasen zeigen ein äußerst bemerkenswertes dynamisches Zeitverhalten, das sich innerhalb mehrerer Größenordnungen – vom Pico/Billionstel- bis Femto/Billiardstel-Sekunden-Bereich – erstreckt.
Die neu entwickelten Methoden sind nicht nur zur Aufklärung der eben beschriebenen Dynamik in DNA-Nukleobasen geeignet, sondern sie werden auch zur Untersuchung fotophysikalischer Vorgänge in der DNA selbst und in technologisch bedeutsamen Gebieten der Fotovoltaik eingesetzt. Mit den neuen Methoden lassen sich grundlegende Prozesse des Transportes von elektronischer Anregungsenergie und der Ladungstrennung zur Stromgewinnung besser verstehen.
Rechenleistung nur mit gemeinsamen Computerressourcen möglich
Der numerische Aufwand dieser Untersuchungen war enorm und konnte nur unter extensiver Verwendung der Computerressourcen der Universität Wien und des Vienna Scientific Clusters der Universität Wien, der Technischen Universität Wien und der Universität für Bodenkultur Wien erfolgreich abgeschlossen werden.
Weitere Informationen:
Universität Wien
Bibliografischiche Informationen:
Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS): Relaxation mechanisms of UV-photoexcited DNA and RNA nucleobases. Mario Barbatti, Adélia J. A. Aquino, Jaroslaw J. Szymczak, Dana Nachtigallová, Pavel Hobza, and Hans Lischka.
Edited by Josef Michl, University of Colorado at Boulder, Boulder, CO, and approved October 15, 2010 (received for review October 6, 2010)