Kinder von US-Kriegssoldaten werden öfter missbraucht

Väter für die Familienstruktur notwendig

(pte/ehj) Raleigh/Durham – Einer Studie des Research Triangle Park Institute http://www.rti.org zufolge sind Kinder von US-Kriegssoldaten im Krieg zu Hause vermehrt Opfer von Misshandlungen und Vernachlässigung durch jenen Elternteil, der zu Hause geblieben ist. Was die Forscher unter rund 3.000 Kindern aus 1.800 Familien herausgefunden haben, ist erschreckend: Die Misshandlungsfälle stiegen um über 40 Prozent und die Fälle von Vernachlässigung um das Dreifache an, berichtet das Team um Deborah Gibbs vom RTI-Children and Families Program in der Fachzeitschrift Journal of the American Medical Association JAMA http://jama.ama-assn.org.

Insgesamt haben die Wissenschaftler im Zeitraum von Ende 2001 bis Ende 2004 mehr als 3.330 Fälle von Misshandlungen unter den 1.800 Familien festgestellt. Während der Stationierung in Kriegsgebieten stieg die Zahl der Misshandlungen um 42 Prozent. Gibbs geht davon aus, dass die Stresssituation der Mütter, die zu Hause bleiben, extrem zunimmt und zu diesem Ergebnis führt. Dabei sei es unerheblich, aus welchem sozialen Umfeld und welcher ethnischen Herkunft die Eltern sind.

Vorhergehende Studien, in denen Fälle von Kindesmisshandlungen untersucht wurden, ergaben, dass in Friedenszeiten Kinder aus Militär-Familien wesentlich seltener misshandelt wurden als Kinder aus „normalen“ Familien. „Der Bericht ist sehr gut, da er keine weitreichenden Interpretationen macht, sondern sich auf die wesentlichen Fakten stellt“, erklärt die Psychiaterin Bettina Reiter. Die Folge dieser im JAMA-Artikel beschriebenen Reaktionen sei nachvollziehbar. „Wenn gesunde Familien in ein solches Störungsfeld geraten, das dadurch entsteht, dass einer der beiden Elternteile nicht da sein kann, ist das verständlich“, argumentiert die Expertin. „Mütter sind primäre Care-Givers der Kinder, sie brauchen Väter als ihre Beziehungspartner und für die gesamte familiäre Struktur.“ Wenn einer der beiden Elternteile weggehe, dann entstehen trotz des rationalen Wissens emotionale Vorwürfe. Diese würden vom verlassenen Partner als im Stich-Lassen erlebt. „Aus dieser Situation entstehen alle möglichen unerwünschten Reaktionen“, meint Reiter abschließend.

Seitens der US-Armee werden soziale Programme angeboten, die diese Probleme behandeln, wie Ben Clark, Direktor des Family Programs der US Army in Alexandria/Virginia bestätigt. Was in der Studie von Gibbs allerdings nicht untersucht wurde, ist die Frage, aus welchem sozialen Umfeld ein Großteil der Soldaten der US-Armee kommt. Viele der Rekrutierten stammen aus den unteren sozialen Schichten.