„Profiler“: Screeningverfahren entlarvt „falsche Proteine“

Pipettierroboter und Bioinformatik im Einsatz

Quelle: Forschungszentrum caesar
Quelle: Forschungszentrum caesar

(pte/ehj.vt) Bonn – Proteine in menschlichen Zellen können ihr Wirkungspotenzial nur im reibungslosen Zusammenspiel innerhalb eines Netzwerks ausspielen. Vor diesem Hintergrund untersuchten Wissenschaftler des Forschungszentrums caesar http://www.caesar.de unter der Leitung von Hanjo Hennemann diese Netzwerke auf ihre krankheitsrelevanten Proteine. Mit einer neuartigen Hochdurchsatz-Screeningmethode ist es den Forschern nun möglich nachzuweisen, wie ein so genanntes Zielprotein funktionell in Zusammenhang mit einer Krankheit steht. Dazu werden die Wechselbeziehungen dieses Proteins mit anderen des gesamten Netzwerkes analysiert. Die Schering AG als erster Kunde nutzt zur Entwicklung von Medikamenten bereits diese Forschungsergebnisse der Bonner Wissenschaftler.

Da im menschlichen Körper mehr als 100.000 unterschiedliche Eiweiße in komplexen Netzwerken für unterschiedlichste Aufgaben zusammenarbeiten, bietet das entwickelte Verfahren die Möglichkeit, „falsche Proteine“ schneller ausfindig zu machen. Erfolgt dies nicht oder verzögert, so können Krankheiten entstehen. Die Arbeit der Bonner caesar-Forscher kann folglich mit denen der Profiler vergleichen werden, die einen Täter – im speziellen Fall ein „falsches Protein“ – durch die logische Verknüpfung vieler Einzeldaten entlarven.

Das dazu angewandte Verfahren wird mit Hilfe von Pipettierrobotern und dem Einsatz von Bioinformatik durchgeführt. Somit sind die Wissenschenschaftler in der Lage, in kurzer Zeit die Funktionsweise eines Zielproteins zu analysieren. Das Hochdurchsatz-Screening stützt sich dabei auf lebende Zellen, die der Situation im menschlichen Körper nahe kommen. Da die Ergebnisse sehr zuverlässig sind, zeigen sich vor allem im medizinischen Anwendungsbereich die Vorteile der entwickelten Technik. Folglich kann noch schneller nachgewiesen werden, ob sich die Entwicklung eines Wirkstoffs gegen dieses Protein lohnt. Erste Versuche mit kleinen Molekülen als Medikamente, die nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip in Taschen von Proteinen binden, verliefen viel versprechend. Erster Erfolg: Proteine ohne größere Taschen konnten nicht blockiert werden. „Durch die Weiterentwicklung von Peptiden zu Medikamenten könnte zukünftig ein großer Teil der krankheitsrelevanten Proteine für die Therapie erschlossen werden. Unsere Screeningmethode bietet dafür gute Voraussetzungen“, so Hennemann.

Hanjo Hennemann weist darauf hin, dass „eine Netzwerkbetrachtung im funktionellen Kontext wichtig ist, um Rückschlüsse über die Funktionsweise bestimmter Proteine in Erfahrung zu bringen. Wissen über die Krankheitsursachen sowie ein zukünftiger Therapienutzen sind dabei entscheidende Zielvorgaben“. Tests, die bislang in Experimenten im Reagenzglas vorgenommen wurden, erachtet der Experte als überholt. Laut Hennemann „liegt die Zukunft in der Entwicklung moderner und in lebenden Systemen ausgeführter Anwendungstechniken“. Das neue Screeningverfahren von caesar ist als eine bewusste Weiterentwicklung des akademischen Sektors zu bewerten, wobei zielorientierte Kooperationen mit Industriepartnern eingegangen werden und eine Anwendung sowie Kommerzialisierung ins Zentrum rücken.