Zusammenhang zwischen Herpes-Viren und Hirntumoren widerlegt

Widersprüchliches Ergebnis einer amerikanischen Studie ist ein Rätsel

Quelle: Foto: cumc.columbia.edu
Quelle: Foto: cumc.columbia.edu

(pte/he.vt)  Heidelberg – Tumorvirologen des Deutschen Krebsforschungszentrums http://www.dkfz.de haben die umstrittene Annahme, dass zwischen Herpes-Viren und bösartigen Hirntumoren einen Zusammenhang besteht, in einer neuen Studie widerlegen können. In Gegensatz zu einer Studie einer amerikanischen Arbeitsgruppe, in der die zur Gruppe der Herpes-Viren gehörenden Zytomegalie-Viren in einer Vielzahl von bösartigen Hirntumoren nachgewiesen werden konnten, erbrachten die Forschungen der deutschen Wissenschaftler keinerlei Hinweise dafür, dass Herpes-Viren an der Entwicklung von Hirntumoren beteiligt sind. Die Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift Journal of NeuroVirology http://www.jneurovirol.com veröffentlicht.

Die Forschergruppe analysierte auf unterschiedliche methodische Weise Gewebeproben aus Hirntumoren von 77 Betroffenen. Überraschenderweise zeigten sowohl die Analysen mittels der Polymerase-Kettenreaktion (PCR), ein klassisches molekularbiologisches Verfahren, als auch die Immunhistochemie, der immunologische Nachweis von Viruspartikeln in Tumorgewebe, dass keiner der Tumoren einen Erreger des Zytomegalie-Virus enthielt. Um eine Erklärung für den Widerspruch mit den amerikanischen Ergebnissen zu finden, überprüften die Forscher darüber hinaus, ob eine Verunreinigung der Tumorproben mit Virus-infizierten Blutzellen zu einer Fehlinterpretation geführt haben könnte. Doch auch in den Blutproben der Patienten konnten sie kein Virus nachweisen.

„Es ist uns völlig unklar, warum wir zu solchen unterschiedlichen Ergebnisse gekommen sind“, erzählt Tumorvirologe Jörg Schlehofer im Gespräch mit pressetext. „Wir haben genau die gleichen Forschungsmethoden angewendet, aber trotzdem konnten wir die Auskünfte der amerikanischen Studie nicht bestätigen.“ Zwei unabhängig vom Deutschen Krebsforschungszentrum durchgeführten Studien, die fast zugleich veröffentlicht wurden, kamen allerdings auch zu dem Ergebnis, dass eine Beteiligung von Herpes-Viren an der Entstehung von Hirntumoren sehr unwahrscheinlich ist.

In einem weiteren Ansatz untersuchten die Forscher die Blutproben zahlreicher Patienten auf die Nachweisbarkeit von überstandenen Herpes-Viren. „Wir wollten so die Legitimität einer weiteren amerikanischen Studie überprüfen, derzufolge Menschen, die ein Herpes-Virus durchgemacht haben, ein höheres Risiko auf einen Hirntumor haben“, so Schlehofer im pressetext-Interview. In die Analysen wurden dafür neben das Zytomelagie-Virus drei weitere Erscheinungsformen des Herpes-Virus – Herpes simplex, Varizella-Zoster und Epstein-Barr – einbezogen. Obwohl sich herausstellte, dass zahlreiche Patienten Antikörper gegen Herpes-Viren in ihrem Blut hatten, unterschied sich die Häufigkeit einer zurückliegenden Herpes-Virus-Infektion bei den Hirntumorpatienten jedoch nicht von jener beim Durchschnitt der Bevölkerung. „Es gibt also keineswegs Anlasspunkte für die Annahme, dass Herpes-Viren sich an der Entstehung von Hirntumoren beteiligen“, so Schlehofer abschließend.