Bedeutung des Kleinhirns wurde bisher unterschätzt

Wechselspiel zwischen Großhirn und Kleinhirn

Quelle: drg
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(pte/he.vt) Boston – Bislang wurde angenommen, dass höhere geistige Abläufe im Großhirn stattfinden. Das Kleinhirn sollte nach diesem Konzept für die Kontrolle von Balance und Bewegungen verantwortlich sein. Eine Studie des Children’s Hospital Boston http://www.childrenshospital.org hat jetzt bei gehirnverletzten Kleinkindern nachgewiesen, dass diese Sicht zu vereinfachend ist.

Das Harvardteam untersuchte 74 Babys, die frühzeitig mit Gehirnschädigungen verschiedenen Grades geboren worden waren. Mittels Kernspinresonanztomografie wurden Scans der Gehirne erstellt, die eine genaue Analyse der Verletzungen ermöglichten. Wurde das Großhirn verletzt, erreichte auch das Kleinhirn seine normale Größe nicht. Beschränkte sich die zerebrale Verletzung auf eine Seite, bildete sich die andere Seite des Kleinhirns nicht normal heraus. Fand die Verletzung im Bereich des Kleinhirns statt, war die gegenüberliegende Seite des Großhirns kleiner als normal. Die Wissenschafter gehen daher davon aus, dass es einen wichtigen Entwicklungszusammenhang zwischen den beiden Bereichen des Gehirns gibt. Die Ergebnisse der Studie wurden in dem Fachmagazin Pediatrics http://pediatrics.aappublications.org veröffentlicht.

Andere Studien des Teams um Catherine Limperopoulos legen nahe, dass Kinder, die mit Verletzungen des Kleinhirns geboren werden, zusätzlich zu motorischen Problemen auch Schwierigkeiten mit höheren kognitiven Prozessen wie Kommunikation, sozialem Verhalten und visueller Wahrnehmung haben. Limperopoulos erklärte, dass Verletzungen des Kleinhirns bis vor kurzem zuwenig anerkannt worden seien. Ärzte hätten diese Art von Verletzungen heruntergespielt. „Unsere Forschungen haben uns bewusst gemacht, dass Verletzungen des Kleinhirns kein guter Befund sind. Jetzt können wir gezielt danach suchen und die Familien informieren, dass ihre Kinder Defizite haben werden, die über das Motorische hinausgehen und dass sie von einer frühzeitigen Intervention profitieren können.“ Andere Studien haben laut BBC ergeben, dass das Kleinhirn in den späteren Phasen der Schwangerschaft sehr stark wächst. Aus diesem Grund sind Kinder, die zu früh auf die Welt kommen, einem viel höheren Risiko einer Verletzung dieses Gehirnbereiches ausgesetzt.

Anmerkung der Redaktion:

Quelle: phisiopaed
Quelle: phisiopaed



Kleinhirn Cerebelum

Das Kleinhirn liegt in der hinteren Schädelgrube, unterhalb des Hinterhauptlappens des Großhirns. Die Kleinhirnoberfläche besitzt ebenfalls Windungen und Furchen. Die Oberfläche hat eine ca. 1mm dicke Kleinhirnrinde aus grauer Substanz.

Die anatomisch strikt geordnete Kleinhirnrinde ist in drei Schichten gegliedert: Molekularschicht (Sternzellen, Korbzellen, Golgi-Zellen), Ganglienzellschicht (Purkinje-Zellen, die sich in der Molekularschicht verzweigen und somit ihren Input von Parallelfasern auf tiefe Kleinhirnkerne projizieren) und die Körnerschicht (sie ist die tiefste Schicht der Kleinhirnrinde, die Körnerzellen sind kleinste, dicht beieinanderliegende Neurone, deren Dendriten von zahlreichen Endigungen afferenter Neurone vom Rückenmark, von Brückenkernen und von Kernen des Verlängerten Rückenmarks erreicht werden = „Moosfasern“).

Darunter liegen die Nervenfasern der weißen Substanz. Das Kleinhirn ist durch auf- und absteigende Bahnen mit dem Rückenmark, dem Mittelhirn u. über die Brücke mit dem Großhirn und dem Gleichgewichtsorgan verbunden. Diese Verbindungen ermöglichen die Arbeit des Kleinhirns als koordinierendes motorisches Zentrum (Erhaltung des Gleichgewichts, Muskeltonusregulation, Bewegungskoordinierung) .

Mit dem Großhirn reguliert es über Fasern des extrapyramidalen Systems die Grundspannung der Muskeln und stimmt Bewegungen aufeinander ab. D.h. das Kleinhirn optimiert und korrigiert die Stützmotorik, koordiniert die Zusammenarbeit von Stütz- und Zielmotorik, ist bedeutend für die Kurskorrektur der langsamen Zielmotorik und liefert Bewegungsprogramme für die schnelle Zielmotorik.