Pille soll Multiple Sklerose verhindern

Östrogengabe soll neurologische Störungen verhindern

(pte/he.vt)  Boston – Nach einer jetzt veröffentlichten Studie der Harvard University haben die Hormonpräparate zur Empfängnisverhütung auch einen Einfluss auf neurologische Erkrankungen: Östrogen, wie es in der Pille vorhanden ist, reduziert das Risiko an multipler Sklerose (MS) zu erkranken sogar kurzfristig um die Hälfte, berichtet das Forscherteam um Alvaro Alonso von der Harvard School of Public Health http://www.hsph.harvard.edu in Boston. Darüber hinaus ist es evident, dass die Menstruationszyklen durch das Hormon reguliert werden.

In der Vergangenheit wurde die Hormonersatztherapie allerdings mit der Krebsentstehung bei Frauen nach der Menopause in Zusammenhang gebracht. Dennoch zeigt sich, dass Östrogen durchaus positive Einflüsse auf den Organismus hat, wie die Experten in der jüngsten Ausgabe des Fachjournals Archives of Neurology http://archneur.ama-assn.org berichten. Die Studie von Alonso und seinem Team war davon ausgegangen, dass einige Ärzte Frauen, in deren Familie MS auftrat von der Pille abrieten. Fast zwei Drittel aller MS-Patienten ist weiblich und Frauen haben generell höhere Östrogen-Werte als Männer, daher hatten manche Forscher den Schluss gezogen, dass MS mit dem Hormon in Verbindung steht.

In Versuchen mit Mäusen fanden die Forscher allerdings das Gegenteil heraus. Tiere, denen Östrogen verabreicht wurde, waren gegen eine neurologische Erkrankung, die ähnliche Folgen hatten wie MS, scheinbar geschützt. Die neurologische Krankheit der Mäuse äußerte sich durch eine Zerstörung der schützenden Nervenzellschicht Myellin. Ausgehend von dieser Erkenntnis untersuchte das Forscherteam dann die Auswirkungen von Östrogen an Menschen. In der epidemiologischen Studie wurden 106 MS-Patientinnen unter 50 Jahren 1.001 gesunden Frauen gegenübergestellt. Generell liegt das Risiko an MS zu erkranken bei eins zu tausend.

Das Ergebnis war erstaunlich, denn die Einnahme von Östrogen reduzierte das Risiko an MS zu erkranken kurzfristig um 40 Prozent. Alonso zieht als Grundkonsequenz einen Punkt: „Wenn eine Frau orale Kontrazeptiva einnehmen will, sollte dieser Entschluss nicht von der Angst vor einer Erhöhung des MS-Risikos beeinflusst werden“, erklärt Alonso. Weitere Untersuchungen will der Wissenschaftler aber noch durchführen, um eine Kausalität vollständig auszuschließen. Bisherigen Langzeitstudien zufolge, hat Östrogen allerdings keinen Einfluss auf die Entstehung von MS.

„Eine spezifische Empfehlung bei der Kontrazeption bei MS-Patientinnen gibt es nicht“, meint der MS-Experte Martin Reisz vom Allgemeinen Krankenhaus in Steyr http://www.lkh-steyr.at im presstext-Interview. Die relative Schutzwirkung von Östrogenen ist gut dokumentiert. Allerdings ist auch das erhöhte Karzinomrisiko bei Patientinnen nach der Menopause bekannt“, gibt der Mediziner zu bedenken. Die konkreten Forschungsergebnisse der Harvard-Forscher seien aber sehr interessant.