Barmer Ersatzkasse einigt sich auf Rabatt mit der Pharmaindustrie

Kasse nutzt erstmals die Chance auf Preisnachlaß. Vertrag mit fünf bedeutenden Generika-Herstellern – ratiopharm, Hexal, Stadapharm, Sandoz und Betapharm geschlossen.

(he) Die Barmer Ersatzkasse hat mit fünf Generikaherstellern einen Rabattvertrag geschlossen. Auf Grundlage des Paragraphen 130 a SGB V wird der Integrationsvertrag mit Hausärzten und Hausapothekern ergänzt. Ziel des mit – ratiopharm, Hexal, Stadapharm, Sandoz und Betapharm – geschlossenen Vertrages ist es, den verstärkten Einsatz von Generika zu erwirken und noch bestehende Einsparpotenziale bei Arzneiverordnungen besser auszuschöpfen. Diese Hersteller decken gut zwei Drittel des deutschen Generikamarktes ab.

Erstmals werden mit diesen Preisverhandlungen zwischen gesetzlichen Körperschaften und privaten Herstellen Rabattverträge abgeschlossen. Bisher war dies nicht möglich. Eigentlich sind auch nicht die Preise Gegenstand der Verhandlungen, sondern die Rabatte auf die Herstellerabgabepreise. Rabatte wurden bisher von den Herstellern den Apothekern eingeräumt, meist in Form kostenfreier Medikamentenpackungen, die die Apotheker dann bei den Kassen abrechnen konnten. Die Höhe dieser Rabatte wird auf bis zu 500 Millionen Euro geschätzt. Dieser  Betrag bezieht sich aber auf alle Medikamente, die Apotheker verkaufen, und damit auch auf Präparate, die Patienten nicht von den Kassen erstattet bekommen. Daraus folgt, dass der „Naturalrabatt“, der anteilig den Kassen zugerechnet werden könnte, entsprechend sinkt.

Die Verträge, die ab sofort für zunächst ein Jahr gelten und dann verlängert, werden sollen, haben zwei Komponenten:

  • Die eine besteht aus einem Strukturkostenbeitrag. Dessen Basis ist der bisherige Umsatz, den ein Hersteller mit der Barmer tätigt. Dieser Rabatt liegt je nach Hersteller zwischen drei und fünf Prozent.
  • Die zweite Komponente ist ein Rabatt in Höhe von zehn Prozent auf zusätzliche Umsätze, die die fünf Hersteller mit der Barmer tätigen.

Die Barmer soll mit weiteren Herstellern Verhandlungen führen. Die größte deutsche Ersatzkasse erhofft sich von diesem Modell jährliche Einsparungen in mehrstelliger Millionenhöhe. 30 Prozent der Einsparungen würden an die beteiligten Ärzte und Apotheker, die die Medikamente verschrieben und ausreichten, weitergereicht, sagte Kassenvorstand Klaus Richter.

Die Ärzte sollen künftig möglichst preiswertere Nachahmerpräparate von Vertragsherstellern verschreiben, auf die die Kasse einen Rabatt von bis zu zehn Prozent. Ärzte und Apotheker versicherten, die Sicherheit und die Qualität der Versorgung der Patienten mit Medikamenten würden damit nicht Wirtschaftlichkeitserwägungen untergeordnet.

Das  Hausarztmodell, das die Kasse im Frühjahr gestartet hatte, soll für die nötigen Einsparungen sorgen. Demnach verpflichten sich teilnehmende Patienten einen festgelegten Hausarzt aufzusuchen, und ihre Medikamente über nur eine „Hausapotheke“ zu beziehen. Nach Angaben des Vorstandes Richter hätten sich 800 000 Versicherte eingeschrieben. 35 000 Hausärzte und 17 000 Apotheken würden daran teilnehmen.

Den Versicherten wird dafür die Praxisgebühr zu weiten Teilen erlassen, die Ärzte bekommen einen zusätzlichen Obolus, die Apotheker sichern sich den Umsatz mit dem Patienten. Wirtschaftlich kann sich das Modell für die Kasse aber nur über Einsparungen rechnen. Laut Richter habe die Barmer im vergangenen Jahr rund 3 Milliarden Euro für Arzneimittel ausgegeben. Davon seien 2,1 Milliarden Euro auf Originalpräparate und 813 Millionen Euro auf Nachahmerpräparate entfallen. Das Einsparpotenzial bezifferte er auf 300 Millionen Euro, davon allein 200 Millionen Euro bei Generika. An die 65 Prozent der Arzneimittelausgaben würden durch den Hausarzt veranlasst.

Die Apotheker, die auf einen Teil ihrer bisherigen Naturalrabatte verzichten müssen, werden als Pharmazeuten aufgewertet. Sie können innerhalb des Hausarztvertrages auch andere Präparate, bei gleichem Wirkstoff, ausgeben.

Dieser Vertrag sei „gesellschaftspolitisch ein ganz wichtiger Akt“, sagte Barmer-Vorstandschef Eckart Fiedler. Die Vereinbarung ist ein weiterer Baustein im Vertragsgeflecht zwischen der Kasse, dem Hausärzteverband und dem Deutschen Apothekerverband. Das Ziel ist, die Interessen aller Beteiligten auf eine möglichst sparsame Arzneiverordnung auszurichten. 

Dennoch sind Beitragssenkungen wenig wahrscheinlich. Der Jahresquartalüberschuss von 156 Millionen Euro scheint auf eine entspannte Lage zu deuten. Rechnerisch müssten die Kassen aber Beiträge von durschnittlich 14,2 % um 0,2 % anheben, statt, wie von der Politik gefordert, Beitragssenkungen durchzuführen. Dem liegen neue Schätzungen des GKV Schätzkreises zugrunde. Die Kassen befürchten steigende Ausgaben und stagnierende Einnahmen.

Bei der Barmer würde es keine Beitragserhöhungen geben, erklärte Fiedler. Andere Vertreter der Kassen schätzten, dass es keine weiteren Kürzungen geben werde, die über die vorgeschriebenen 0,9 % zum 1. Juli dieses Jahres hinausgingen.