Wenn das Blut in den Adern stockt

Mechanismen der Blutgerinnung verstehen – Krankheiten kontrollieren / Experten stellen neue Forschungsergebnisse und Therapien vor

Lungenembolie, Schlaganfall und Herzinfarkt sowie schwere Blutungen: Wenn die Blutgerinnung nicht mehr funktioniert, kann dies lebensbedrohlich für den Betroffenen sein.

Bei der 49. Jahrestagung der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH) vom 23. bis 26. Februar in Mannheim, stellen Experten neue Forschungsergebnisse und Therapiemethoden bei Gerinnungsstörungen vor und machen dabei die zentrale Bedeutung der Blutgerinnung in der Medizin deutlich.

„Die Blutgerinnung hat eine Schlüsselrolle bei verschiedenen Erkrankungen, die von unterschiedlichen medizinischen Fachdisziplinen behandelt werden“, erklärt Kongresspräsident Professor Dr. Peter P. Nawroth, Ärztlicher Direktor der Abteilung Endokrinologie und Stoffwechsel der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg. Allerdings ist der Mechanismus komplex: Eine Kaskade von Proteinen muss durchlaufen werden, bis das Blut eindickt. Wer die Mechanismen durchschaut, hat allerdings einen Schlüssel zur Vorbeugung und Behandlung zahlreicher schwerer Erkrankungen in der Hand.

Auch bei der Arteriosklerose, der Ablagerung von Bindegewebe und Kalk (so genannte „Plaques“) in den Blutgefäßen, spielt die gestörte Blutgerinnung eine wichtige Rolle. So können Entzündungsprozesse in den betroffen Gefäßen ein zentrales Molekül namens NF-kappa B aktivieren, welches wiederum blutgerinnungsfördernde Mechanismen auslöst. Gleichzeitig werden Proteine, die die Gerinnung verhindern können, gehemmt. Dieses Ungleichgewicht fördert die Bildung von Blutgerinnseln, die sich von den Plaques lösen und Gefäße verschließen können, z.B. bei Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Stress kann die Blutgerinnung aktivieren

Sogar psychischer Stress, Ernährung und Sport beeinflussen die Blutgerinnung. So zeigen Arbeiten von Dr. Angelika Bierhaus (Abteilung Endokrinologie und Stoffwechsel der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg) und Professor Nawroth, dass kurzfristiger Stress ausreichend ist, um NF-kappa B und in Folge die Blutgerinnung zu aktivieren und dadurch möglicherweise thrombotische Erkrankungen zu fördern. Eine ausgewogene mediterrane Ernährung, geringe Zufuhr gesättigter Fette und moderate körperliche Bewegung sind hingegen geeignet, das Risiko thrombotischer Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu mindern.

Mehrere Kliniken und Institute des Universitätsklinikums Heidelberg befassen sich mit verschiedenen Facetten der Blutgerinnung: Am Pharmakologischen Institut konnten Wissenschaftler unter Leitung des Direktors Professor Dr. Stefan Offermanns ein Protein identifizieren, dessen Funktion entscheidend für die Blutstillung sowie die Ausbildung von Thrombosen ist: Der „Signalvermittler“ namens G13 beeinflusst die Ausbildung arterieller Gefäßverschlüsse, die durch Zusammenklumpung von Blutplättchen (Thrombozyten) verursacht werden. Das Protein könnte somit ein wichtiger Ansatzpunkt für die Entwicklung effektiver Medikamente gegen Herzinfarkt und Schlaganfall sein.

In Kooperation mit Dr. Matthias Hentze vom European Molecular Biology Laboratory (EMBL), Heidelberg, erforscht Professor Dr. Andreas Kulozik, Ärztlicher Direktor der Abteilung Hämatologie, Onkologie und Immunologie der Universitäts-Kinderklinik, die molekularen Mechanismen der erblich bedingten Thrombophilie. Bei dieser Krankheit führt eine übermäßige Blutgerinnung zur Ausbildung von gefährlichen Blutgerinnseln. Grund ist eine Genmutation, die dafür sorgt, dass das gerinnungsfördernde Eiweiß Prothrombin im Übermaß produziert wird.

Neben Vorträgen und weiteren Veranstaltungen für das Fachpublikum bietet die Tagung auch ein Forum für Patienten, Selbsthilfegruppen und interessierte Laien. So findet am Donnerstag, 24. Februar um 19 Uhr im Bürgersaal der Stadt Mannheim eine öffentliche Vortragsveranstaltung zum Thema „Schlaganfall – Prävention, Intervention und Regeneration“ statt. Referent ist Professor Michael Hennerici, Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Mannheim.

Am Samstag Vormittag, 26. Februar, informieren Selbsthilfegruppen über die Autoimmunerkrankung Idiopathische Thrombozytopenie (ITP), die zu einer verringerten Thrombozytenzahl (Blutplättchen) im Blut führt.

Programm und weitere Informationen:

http://www.cpb.de/congress/index.php?id=381

Dr. Angelika Bierhaus
Medizinische Universitätsklinik Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 47 52
E-Mail: Angelika_Bierhaus@med.uni-heidelberg.de

Literatur:
Nawroth PP, Bierhaus A, Marrero M, Yamamoto H, Stern DM: Atherosclerosis and restenosis: is there a role for RAGE? Current Diabetes Reports, 5: 11-16, 2005.

Bierhaus A, Nawroth PP: Gerinnung, Entzündung und Immunantwort – ein phylogenetisches altes Prinzip als Ursache der Verbrauchskoagulopathie? Haemostaseologie 25: 23-32, 2005

Bierhaus A, Humpert PM, Nawroth PP, et. al.: A mechanism converting psychosocial stress into mononuclear cell activation. Proceedings of the National Academy of Sciences, 100: 1920-1925, 2003

(Die Originalartikel können bei der Pressestelle des Universitätsklinikums Heidelberg unter contact@med.uni-heidelberg.de angefordert werden)

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