Was tun, wenn die Krankenkassenberaterin für ein viel versprechendes Pilotprojekt wirbt, bei dem auf dem Chip der Versichertenkarte auch die persönliche DNA-Sequenz gespeichert ist? Wie soll man entscheiden, wenn bei einem Verdacht auf eine Erbkrankheit nur noch ein Gentest Gewissheit verschaffen kann? Kann man ein neues, hochwirksames Medikament gegen Morbus Parkinson noch bedenkenlos nutzen, wenn es durch verbrauchende Embryonenforschung entwickelt wurde?
Mit solcherlei Fragen beschäftigt sich das neue Online-Spiel „gen.ethix“. Fragen, die zum Nachdenken auffordern und nach wohlüberlegten Antworten und persönlichen Meinungen suchen. „gen.ethix“ ist ein Entscheidungsspiel zu Fragen der biotechnologischen Zukunft. Neue Verfahren in der Biomedizin, insbesondere der Therapie und der Diagnostik von Krankheiten, eröffnen neue Chancen, aber vermutlich auch Risiken für jeden Einzelnen.
Was passiert überhaupt in der Humangenomforschung? Wie funktioniert ein Gentest? Warum wird an menschlichen Stammzellen geforscht und was ist daran aus ethischer Sicht so problematisch? Wie könnte die Medizin der Zukunft aussehen?
In informativen Sachfilmen werden darauf Antworten geboten, mit denen man sich einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen in der Biomedizin verschaffen kann.
Anhand der fiktiven Spiel-Szenarien können sich die Spieler in eine konkrete ethische Konfliktsituation hineinversetzen. So kann man sich mit der Möglichkeit eines individuellen Gentests, der Speicherung seiner genetischen Information und der Herstellung von Medikamenten unter Verbrauch menschlicher, embryonaler Stammzellen auseinandersetzen.
Auf diese Weise wird Ethik zur praktischen Ethik, was die Bioethik auch ist. Dieser konkrete lebendige Zugang öffnet die Diskussion für alle. Eine Form von problemorientiertem Lernen, wie es z.B. in reformierten Studiengängen zur Anwendung kommt.
Mit gen.ethix können sich die Spieler über die sachlichen Fakten im Rahmen der drei Szenarien informieren und ihre eigenen Standpunkte in das System einbringen. Alle Entscheidungen und Kommentare werden in einer besonderen Form – als so genanntes „Mem“ in einer Datenbank, der öffentlichen „Memothek“, gespeichert und können so neben den Kommentaren von Experten aus Forschung, Politik, Religion und Ethik als Informationsquelle für andere Spieler dienen.
gen.ethix ist ein Gemeinschaftsprojekt der AG „Bioethik und Wissenschaftskommunikation“ des Deutschen Humangenomprojektes und der MultiMedia-Abteilung des Fachbereichs Design der Fachhochschule Potsdam. „Unsere Grundidee war, ein interaktives Spiel als ein mögliches Medium im öffentlichen Diskussions- und Meinungsbildungsprozess über ethische Grundfragen in der Genomforschung und Biomedizin zu erproben“, erklärt Markus Nachtrab, ein Absolvent der FH Potsdam, der verantwortlich für die Gesamtkonzeption und die Projektkoordination war.
Die Arbeitsgruppe „Bioethik und Wissenschaftskommunikation“ und das Deutsche Humangenomprojekt (DHGP) erproben in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Potsdam neue Wege im Diskurs über die ethischen Probleme der Biomedizin. Dazu ist das gen.ethix-Spiel entwickelt worden, das erstmalig die Bioethik in einem Online-Spiel behandelt.
Das Spiel ist zugänglich überhttp://www.bioethik-diskurs.de
Das Spiel gen.ethix wurde als Flash-Applikation entwickelt und nach den Richtlinien des World Wide Web Consortiums (W3C) barrierefrei aufgearbeitet. Damit ermöglicht es den Zugang für Menschen mit Behinderungen und bietet Zugriffsmöglichkeiten für assistive Software, was derzeit bei komplexen Flash-Anwendungen im deutschsprachigen Raum noch selten der Fall ist.
Bioethische Fragen werden national und international diskutiert. Durch die englische Version ist gen.ethix ein Spiel ohne Grenzen.
Die drei Projektpartner:
Die AG Bioethik am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin, Berlin-Buch
Im Rahmen einer Kooperation zwischen dem MAX-DELBRÜCK-CENTRUM FÜR MOLEKULARE MEDIZIN (MDC) in Berlin-Buch und dem FORSCHUNGSZENTRUM JÜLICH (FZJ) wurde die Arbeitsgruppe „Bioethik und Wissenschaftskommunikation“ gegründet, um den gesellschaftlichen Diskurs zur Biomedizin zu unterstützen: einen öffentlichen bioethischen Diskurs, der über Experten verschiedenster Disziplinen hinaus ebenfalls Interessensvertreter und interessierte Laien einbindet. Die Arbeitsgruppe macht es sich zur Aufgabe, die breitgefächerten Möglichkeiten der Partizipation und der öffentlichen Kommunikation zur Biomedizin in die Praxis umzusetzen und einen rationalen und fairen Diskurs über die Möglichkeiten und Grenzen der Biomedizin zu initiieren. Als Standortvorteil dient hierbei das am Max-Delbrück-Centrum (MDC) konzentrierte und nutzbare Fachwissen im Bereich der biomedizinischen Forschung. Ein weites Kompetenznetzwerk von universitären und außeruniversitären Institutionen, die sich u.a. mit der Abschätzung und Bewertung der Folgen der Biomedizin beschäftigen, unterstützt dieses Diskursvorhaben. Werkstattgespräche, Tagungen und Laienforen stellen zusammen eine Plattform für die strukturierte und faire Kommunikation zwischen allen interessierten Beteiligten dar. Damit werden wichtige gesellschaftliche Rahmenbedingungen für die zukünftige biomedizinische Forschung und die Politikberatung geschaffen. In diesem Rahmen werden auch die neuen Kommunikationsmedien für Diskursprozesse erprobt werden (Internet-Diskurse).
Deutsches Humangenomprojekt (DHGP)
Mit dem DHGP beteiligt sich die Bundesrepublik Deutschland seit 1995 an den internationalen Bemühungen, das menschliche Genom zu entschlüsseln, d.h. die Sequenz der Erbinformation zu lesen sowie die Gene und ihre Funktionen zu analysieren. Das virtuelle Forschungsprogramm, an dem bundesweit über 50 Projektverbünde beteiligt sind, wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert. Der größte Erfolg des DHGP war die Sequenzanalyse des Chromosoms 21, die gemeinsam mit japanischen Wissenschaftlern erarbeitet wurde und 2001 das zweite vollständig vorgelegte menschliche Chromosom war. Ziel des DHGP und der Humangenomforschung ist es, mit den gewonnenen Erkenntnissen über die Funktion und Struktur der Erbinformation Krankheiten besser diagnostizieren und therapieren zu können. Aufgrund der weitreichenden Bedeutung der Genomforschung, die mit ihrem Erkenntnisgewinn auch ethische, soziale und rechtliche Fragen (ELSI) aufwirft, wurden im Rahmen des DHGP auch Forschungsprojekte zu diesen ELSI-Themen bearbeitet.
Fachhochschule Potsdam
In dem Kompetenznetz „Neue Medien und Wissensmanagement“ bearbeitet die Fachhochschule Potsdam mediale Informations- und Kommunikationsprozesse unter informationswissenschaftlichen und -technischen, unter gestalterischen sowie kulturellen Gesichtspunkten und bildet hierfür Experten aus. Die MultiMedia-Abteilung des Fachbereichs Design der Fachhochschule Potsdam erarbeitet für den Themenbereich PUSH (Public Understanding of Science and Humanities) Beispiele angewandter Forschung und Entwicklung. Hierzu gehören multimediale Informations- und eLearning-Systeme, Edutainment-Anwendungen und Computer Based Trainings auf CD-ROMS, DVD oder im WorldWideWeb, die als Resultate anwendungsorientierter Kooperationsprojekte im Rahmen des Projektstudiums oder von Diplomarbeiten entstanden sind. Der Anwendungskontext von PUSH ist ein Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkt in der Arbeit von Prof. Klaus Dufke, der das Fach Multimedia-Design in den Studiengängen Kommunikations- und Interface-Design vertritt. Dieser Schwerpunkt ergibt sich unter anderem aus dem Standort Potsdam-Babelsberg/Brandenburg. Die Nähe zur Medienstadt Babelsberg und zum Wissenschaftsstandort Potsdam mit ihren ansässigen Medienunternehmen und Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen ist essentiell und bietet auf Dauer zahlreiche Kooperationsmöglichkeiten.
Medieninformationen und Veranstaltungshinweise der FH Potsdam können Sie auch im Internet abrufen:
http://www.fh-potsdam.de
EVENTS & NEWS | MEDIENINFORMATIONEN
Weitere Informationen:
http://www.bioethik-diskurs.de– direkt zum Spiel