IT: Gedanken steuern Computer – Hilfe für Gelähmte und Schlaganfallpatienten durch Brain-Computer-Interfaces (BCI)

Deutsche Forscher favorisieren Einsatz von BCI ohne operativen Eingriff

Mit der in den letzten Jahren stark verbesserten neurowissenschaftlichen Technik konnte erstmals begonnen werden, elektrische, magnetische und stoffwechselbedingte Vorgänge des Gehirns zur Steuerung von Computern, externen Maschinen und Prothesen zu benutzen. Mit Brain-Computer-Interfaces (BCI) können vollkommen gelähmte, so genannte „eingeschlossene“ Patienten kommunizieren, ohne zu sprechen oder irgendeinen Muskel benutzen zu müssen. „Die Patienten lernen mit Gedanken und Vorstellungen bestimmte elektrische oder magnetische oder metabolische (Blutfluss) Signale im Gehirn willentlich zu erzeugen: Diese werden über die unter der Kopfhaut implantierten BCIs an einen Rechner geleitet, der sie dann zur Auswahl von Buchstaben und Wörtern benutzt,“ sagt Prof. Dr. Niels Bierbaumer, Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensneurobiologie der Universität Tübingen anlässlich der 30. Göttinger Neurobiologenkonferenz und 6. Tagung der Deutschen Neurowissenschaftlichen Gesellschaft in Göttingen. Vor allem an Patienten mit Amyotropher Lateralsklerose, an der zum Beispiel der Maler Jörg Immendorff leidet, werden solche Gehirn-Computer-Schnittstellen (Brain-Computer-Interface BCI) eingesetzt.

„Eingeschlossene“ Patienten verfügen über ein waches Gehirn und ein funktionierendes Gehör bei vollkommener Lähmung aller willentlichen Muskeln. Dieses ist einer der schrecklichsten Zustände, in die ein Mensch krankheitsbedingt geraten kann. Durch die neue Technik wurde ein wichtiger Beitrag zu Lebenswille und Lebensqualität neurologisch Schwerkranker erbracht. In Deutschland werden die BCIs an der Kopfhaut, also ohne einen operativen Eingriff, angebracht. In Amerika dagegen werden sie direkt ins Gehirn implantiert. Beide Methoden zeigen bisher Erfolge.

BCIs werden zunehmend auch zur Steuerung von Prothesen oder gelähmten Körperteilen benutzt. Bisher wurden einem Patienten mit Querschnittslähmung 100 Metallelektroden direkt ins Gehirn eingepflanzt, was die präzise Steuerung von Prothesen sehr erleichtert. Aber auch Elektroden an der Kopfhaut (EEG) angebracht, können bereits Signale von Vorstellungen und Gedanken auffangen, welche man zur Bewegungssteuerung benutzen kann: die Personen denken eine Bewegung und dieses Signal wird an eine intelligente Prothese geleitet, welche die Bewegung ausführt. Dazu gibt es allerdings erst einzelne Versuche an Einzelfällen, welche aber sehr erfolgreich verliefen.

Hinweis: An der Tagung nehmen die führenden Forscher auf dem Gebiet der unblutigen, nicht-invasiven BCI-Forschung teil. Außerdem spricht Dr. Miguel A. L. Nicolelis, Duke University, Durham, USA, am Freitag, 18. Februar 2005 von 15 bis 16 Uhr, Hörsaal 11, über Forschungen, bei denen im Tiermodell BCIs zur Bewegungssteuerung eingesetzt werden.

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Niels Birbaumer
Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensneurobiologie
Universität Tübingen
Gartenstr. 29
72074 Tübingen
Tel.: 07071-297 4219

Während der Tagung:
Tagungsbüro: 0551/39 9595
nbc@uni-goettingen.de
http://www.humanmedizin-goettingen.de