Forschung: Flicken für die Luftröhre

Ist die menschliche Luftröhre beschädigt, können Mediziner oft nicht mehr helfen. Forscher züchten neuartige Gewebe, mit denen sie die Löcher flicken und eines Tages vielleicht sogar ganze Organe ersetzen. Auch als Testsysteme für Medikamente eignen sich die Gewebe.

Quelle: © Fraunhofer IGB Die kollagene Trägerstruktur der Matrix wird von einem Netzwerk funktionsfähiger Gefäße durchzogen.
Quelle: © Fraunhofer IGB
Die kollagene Trägerstruktur der Matrix wird von einem Netzwerk funktionsfähiger Gefäße durchzogen.

Weitere Informationen zu diesen und weiteren Themen erhalten Fachleute auch auf der Messe MEDTEC, die vom 15. bis 17. Februar in Stuttgart stattfindet (Halle 5.0, Stand 855).
Atemzug für Atemzug zwängt sich die Luft durch die Röhre, füllt die Lungen und strömt wieder hinaus. Sind jedoch Löcher in der Luftröhre, geht viel Luft verloren. Kleinere können die Ärzte einfach zunähen. Bei größeren sind Knorpelspangen im Weg, die dem Muskelschlauch Halt geben. Einer solchen Atemwegserkrankung stehen Mediziner daher meist machtlos gegenüber. Versuche, die Luftröhre mit einem körperfremden Gewebe zu flicken, scheitern, da bisher kein geeignetes Material gefunden wurde: Kunststoffe werden oft von pathogenen Bakterien besiedelt. Auch mit körperfremden Geweben lässt sich das Immunsystem nicht überlisten, und sie werden bald abgestoßen.

Doch können Patienten mit solchen Erkrankungen bald aufatmen. „Wir züchten menschliches Gewebe auf einem Schweinedarm, den wir zuvor von allen Tierzellen befreien“, erklärt Professorin Heike Mertsching, die die Abteilung Zellsysteme am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart leitet. „Vom Darm bleibt nur die vaskularisierte Matrix übrig – also das Netzwerk ehemaliger Blutgefäße. Dies verwenden wir als Substrat für körpereigene menschliche Zellen.“ Das derart gezüchtete Gewebe nähten die Mediziner bei einem älteren Patienten bereits auf die Löcher der Luftröhre – mit positivem Ergebnis: Der Flicken blieb stabil, der Körper stieß das neue Gewebe bis heute nicht ab. „In einem nächsten Schritt werden wir versuchen, auch große Gewebestücke von etwa fünf Zentimetern Länge erfolgreich zu transplantieren“, sagt Mertsching. Dafür haben die Forscher eine eigene Blutversorgung im Transplantat aufgebaut – ein vaskularisiertes Gewebe. Der Grund: Während Blutgefäße in kleine Gewebestücke schnell hineinwachsen und es versorgen können, dauert dies bei größeren viel zu lange. Ohne eigene Blutversorgung würde das Gewebe jedoch bald absterben.

Das Gewebe lässt sich auch als Testsystem für Medikamente verwenden. Die Forscher bauen etwa Teile der Leber im Labor nach, indem sie auf der Matrix Leberzellen züchten. Spritzen sie Medikamente in die Blutkanäle des „Organs“, können sie untersuchen, wie es darauf reagiert. „Ende dieses Jahres gehen wir damit in erste pharmazeutische Tests“, hofft Mertsching. „Zukünftig wollen wir auch extrakorporale Unterstützungssysteme für die Leber züchten.“ Dazu müssen die Forscher jedoch sicherstellen, dass die Leber all ihre Funktionen zuverlässig und möglichst lang anhaltend erfüllt.

Ansprechpartnerinnen:
Prof. Dr. Heike Mertsching
Telefon: 07 11 / 9 70-41 17, Fax: -42 00
mertsching@igb.fraunhofer.de

Dipl.-Biol. Michaela Weimer
Telefon: 07 11 / 9 70-40 49
weimer@igb.fraunhofer.de

Weitere Informationen:
http://www.igb.fraunhofer.de/WWW/GF/TissueEngineering/start.html
http://www.fraunhofer.de/fhg/fair/2005/MEDTEC2005.jsp