Schlangengift als Arzneimittel der Zukunft

Toxine extrem giftiger südamerikanischer Reptilien untersucht

Quelle: Martina Marchetti, TU-Wien Martina Marchetti untersucht Toxine von Giftschlangen (Foto: TU-Wien)
Quelle: Martina Marchetti, TU-Wien
Martina Marchetti untersucht Toxine von Giftschlangen (Foto: TU-Wien)

Wien (pte/12.06.2007/06:05) – Eine Chemikerin der Technischen Universität Wien http://www.tuwien.ac.at sucht im Gift tropischer Schlangen nach neuen Wirkstoffen für die Medizin. Die vielversprechenden Substanzen könnten in Zukunft zur Herstellung weiterer zahlreicher Arzneimittel gegen Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson aber auch in der Krebstherapie zur Anwendung kommen.

„Die Erfolgsgeschichte der Anwendung von Schlangengiften ist schon älter. So stammt der Wirkstoff des blutdrucksenkenden Mittels Captopril aus dem Gift von Schlangen“, erklärt die Forscherin Martina Marchetti vom Institut für Chemische Technologien und Analytik der TU Wien. Ein isoliertes Peptid aus dem Schlangengift lieferte bereits 1975 die Bauanleitung für das Präparat. Marchetti untersucht derzeit Gifte von vier verschiedenen Grubenottern (Bothrops) sowie einer tropischen Klapperschlange (Crotalus durissus terrificus). Bei der Analyse der Gifte kommen neue proteomanalytische Werkzeuge zur Anwendung. Seit neun Monaten arbeitet Marchetti bereits mit den Toxinen. „Ehe die gesamte Arbeit erledigt sein wird, dauert es aber sicher noch länger „, meint die Chemikerin, die mit Walter Welz von der Johannes Kepler Universität in Linz zusammen arbeitet.

Marchetti analysiert die Schlangengifte mit verschiedenen Methoden. Über die Lab-on-a-chip-Technologie – einem proteinchemischen Labor am Mikrochip – stellt das Forscherteam die Zusammensetzung der Toxine fest und analysiert die lineare Aneinanderreihung von Aminosäuren, den so genannten Peptidketten. Alle Glieder dieser Ketten werden anschließend mit Hilfe der laserbasierenden Tandemmassenspektrometrie strukturell aufgeklärt. Die zweidimensionale Gelelektrophorese bietet eine weitere Möglichkeit, Proben nach dem isoelektrischen Punkt und dem Molekulargewicht aufzutrennen.

„Nicht jedes Schlangengift ist gleich aufgebaut.“ Es gebe immer wieder neuartige ungewöhnliche strukturelle Besonderheiten. „Ziel unserer Forschung ist es herauszufinden, warum einzelne Bestandteile des Giftes in bestimmter Weise wirken und warum sie für die Pharmaindustrie interessant sein könnten“, führt Marchetti aus. Die Schlangengifte weisen ein sehr breites Anwendungsfeld auf, das von bakterientötend über zellwachstumshemmend, nervenstimulierend, blutverdünnend oder auch blutgerinnend reicht. Mittlerweile wird ihre Wirkung auch bei der Behandlung von Alzheimer, Parkinson oder diversen Krebsarten getestet. Auch für homöopathische Anwendungen könnte es von Interesse sein. „Es ist ja bekannt, dass eine bewusst herbeigeführte Toxinwirkung im passenden Maßstab für den Menschen und seine Gesundheit förderlich sein kann“, erklärt die Chemikerin.

„Das Schlangengift wird in Form eines gelblich kristallinen Pulvers in Ampullen geliefert und stammt vom Instituto Butantan http://www.butantan.gov.br in Sao Paulo, das sich mit der Erforschung der giftigsten Schlangenarten dieser Erde auseinandersetzt“, so Marchetti. Jährlich werden in Südamerika 2,5 Mio. Menschen von Schlangen gebissen. Rund 100.000 sterben in Folge daran.