Gastritis-Erreger: Mensch hat Großkatzen damit infiziert

Forscher entschlüsseln molekulare Basis eines Wirtssprungs

(pte/ehj) Berlin – Einem Rätsel um den Gastritis-Erreger, dem Bakterium Helicobacter pylori, ist ein deutsch-amerikanisches Forscherteam auf die Spur gekommen. Sie haben das Bakterium Helicobacter acinonychis, das in den Mägen von Großkatzen wie Löwen, Tiger oder Geparden vorkommt, mit dem H. pylori verglichen, um herauszufinden, ob dieses Bakterium von Tieren auf den Menschen übergesprungen ist oder umgekehrt. Die Ergebnisse legen nun allerdings nahe, dass der Mensch die Großkatzen infiziert hat.

Um das Rätsel zu lösen, haben die Forscher um Mark Achtman vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin http://www.mpiib-berlin.mpg.de und Stephan Schuster von der Pennsylvania State University die Genome der beiden Helicobacter-Bakterien sequenziert und miteinander verglichen. Dabei richteten die Forscher ihr Augenmerk auf jene genomischen Unterschiede, die möglicherweise für einen Wirtssprung eine Rolle spielen. „So könnten bestimmte Genprodukte, die nach einem Wirtssprung funktional überflüssig geworden sind, inaktiviert werden oder ganz verloren gehen. Im Zuge eines horizontalen Gentransfers könnte das Bakterium auch neue Gene aufgenommen haben, die den Wirtssprung auslösen oder zumindest erleichtern“, erklärt Achtmann im pressetext-Interview.

Im Genom von H. acinonychis fanden sich zehnmal mehr inaktivierter Gene als bei H. pylori. Sie sind in erster Linie fragmentiert und haben deshalb ihre eigentliche Funktion verloren. Zudem haben die Forscher auch neue Gene, die offenbar durch horizontalen Gentransfer von einem Bakterium zum anderen gelangt sind, entdeckt. „Das legt die Schlussfolgerung nahe, dass der Erreger vor etwa 200.000 Jahren vom Menschen in die Großkatze gelangt sein muss“, meint Achtmann. In der Zwischenzeit habe sich H. acinonychis so gut an seinen Wirt angepasst, dass er sich im Labor kaum noch bei Mäusen kolonisieren lässt und natürlicherweise keinen anderen Wirtsorganismus infiziert. „Unklar ist allerdings was genau H. acinonychis bei den Großkatzen anrichtet“, so der Forscher. Es sei bekannt, dass einige Großkatzen an einer der Gastritis-ähnlichen Erkrankungen leiden. Die Symptome beim Menschen sind allerdings anders“, führt der Experte aus. „Ein großer Prozentsatz aller Menschen trägt die Keime in sich, aber nur etwa zehn Prozent entwickeln überhaupt Beschwerden. 90 Prozent merken gar nichts.“

Es kommt allerdings nur in sehr wenigen Fällen bei einer solchen Übertragung auch zu einem echten Wirtssprung. Deutlich habe sich aber gezeigt, dass schon einige wenige genetische Veränderungen einen solchen erfolgreichen Wirtssprung erlauben. Die Übertragung, die schließlich die Entwicklung von H. acinonychis auslöste, war deshalb erfolgreich, weil sich das Bakterium durch den Import neuer Gene und durch die Inaktivierung anderer Gene an den neuen Wirt, in diesem Falle die Großkatzen, anzupassen vermochte. „Das H. acinonychis bietet damit eines der wenigen Beispiele für einen Wirtssprung vom Menschen auf ein Tier“, so Achtmann.