Forscher identifizieren Autismus-Gen

Mutation führt zu unzureichender Nervenzellenentwicklung im Hippokampus

(pte/hb.vt)  Heidelberg/Frankfurt/Salzburg – Wissenschaftlern der Abteilung Molekulare Genomanalyse am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) http://www.dkfz.de ist es in Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Universitätsklinikum http://www.klinik.uni-frankfurt.de sowie der Universität Salzburg http://www.uni-salzburg.at gelungen, Mutationen in einem Gen zu identifizieren, die mit Autismus in Zusammenhang zu stehen scheinen. Das Gen RPL10 kodiert für ein multifunktionales ribosomales Protein, das unverzichtbar ist für die Translation der genetischen Information in Proteine. Ein Defekt an diesem Gen könnte zu einer unzureichenden Nervenzellenentwicklung und -verschaltung in bestimmten Hirnregionen führen, was sich in den typischen kognitiven Defiziten und Wahrnehmungsstörungen beim Autismus manifestiert. Die Studie wurde in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Molecular Psychiatry http://www.nature.com/mp veröffentlicht.

Die Forscher sind zu dieser Entdeckung gekommen, indem sie mittels einer speziellen Technik namens RNA in situ Hybridisierung in unterschiedlichen Geweben gezielt nach Kandidatengenen für verschiedene Krankheiten suchten. „Das Hauptaugenmerk lag dabei vor allem auf solchen Genen, die im Gehirn exprimiert sind und somit Einfluss auf Erkrankungen mit Verlust von kognitiven Fähigkeiten nehmen konnten“, erklärt Sabine Klauck vom DKFZ, Erstautorin der Studie, auf Nachfrage von pressetext. Einige dieser Gene wurden daraufhin im Genom von insgesamt 345 Autisten auf Mutationen getestet. „Dabei fanden wir in zwei unabhängigen Familien mit Autismus zwei verschiedene Mutationen im Gen RPL10″, so Klauck.

RPL10 wird im Gehirn besonders stark in Bereichen wie dem Hippokampus exprimiert, die mit höheren Gehirnfunktionen wie Lernen, Gedächtnis, soziale und affektive Funktionen in Zusammenhang gebracht werden. Ein funktionsgestörtes RPL10 könnte verantwortlich sein für die mangelhafte Differenzierung von Nervenzellen und unzureichende Ausbildung von Nervenzellverbindungen in diesen Gehirnarealen während der Gehirnentwicklung“, so Klauck. Solche veränderten Gehirnstrukturen seien in vorherigen Studien bei Autisten unter anderem mit bildgebenden Verfahren bereits nachgewiesen worden.

„Die von uns gefundenen Mutationen geben neue Hinweise auf die genetischen Ursachen bei der Ausbildung des autistischen Krankheitsbildes“, erklärt Klauck die Bedeutsamkeit der Entdeckung gegenüber pressetext. Die Forscherin hofft, dass die neuen Erkenntnisse künftig bei der Früherkennung des Autismus von Nutzen sein können. Therapeutische Maßnahmen, eventuell auch auf Grundlage von Medikamenten, könnten somit frühzeitig eingeleitet werden. Da Autismus als komplexe neuropsychiatrische Erkrankung ursächlich durch die Interaktion von mehreren Anfälligkeitsgenen hervorgerufen werde, müssen dazu allerdings zunächst weitere Erkenntnisse über die Funktion von RPL10 und zusätzlichen anderen Anfälligkeitsgenen gewonnen werden, so Klauck abschließend.